Jüdische Frauenstimmen zum “Tag der Befreiung”

Am 8. Mai 2025 jährt sich das Ende des Zweiten Weltkrieges, der Tag der Befreiung, zum 80. Mal. Aus diesem Anlass hat Bet Debora jüdische Frauen verschiedener Generationen zu ihren Perspektiven auf diesen Gedenktag befragt. Die Gespräche zeigen, wie vielschichtig das Erinnern an den 8. Mai für Jüdinnen heute ist – insbesondere vor dem Hintergrund von Krieg, Flucht und wachsendem Antisemitismus.

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Unsere erste Gesprächspartnerin, Dr. Alina Gromova, geb. 1980 in Dnipropetrowsk, ist stellvertretende Direktorin und Leiterin der Bereiche Ausstellungen, Sammlung und Digitalisierung der Stiftung Neue Synagoge Berlin – Centrum Judaicum. Sie wuchs in der Ukraine auf und lebt seit 1997 in Deutschland. Ihre Dissertation Generation »koscher light«. Urbane Räume und Praxen junger russischsprachiger Juden in Berlin erschien 2013.

Alina Gromova erzählt von ihren Erinnerungen an den „Tag des Sieges“ und wie sich das Gedenken an das Ende des Zweiten Weltkriegs in der Sowjetunion, der unabhängigen Ukraine und später in Deutschland gewandelt hat. Sie beschreibt, wie sich die jüdischen Erinnerungskulturen durch die Zuwanderung verändert haben und wie die vielfältigen Perspektiven jüdischer Menschen auf diesen Tag in Museen sichtbar gemacht werden können.

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Marguerite Esther Marcus (geb. 1959 in Berlin) wuchs in einer Westberliner jüdischen Familie auf. Sie ist Fachärztin für Kinder- und Jugendmedizin und Familientherapeutin. Sie engagiert sich in einer Vielzahl jüdischer Organisationen. Seit 2024 ist sie Vorsitzende der unabhängigen Synagogengemeinde Bet Haskala.
Ausführlicher Lebenslauf

Marguerite Marcus schildert die ambivalenten Gefühle, die ihre Eltern als Überlebende der Schoa mit dem „Tag der Befreiung“ verbunden haben. Ein Thema, das sie als Therapeutin besonders beschäftigt, sind die Spätfolgen der Schoa für Überlebende und ihre Kinder. Als Feministin war sie u. a. im Schabbeskreis und der Stiftung Zurückgeben aktiv. Heute setzt sie sich in der Gemeinde Bet Haskala für ein offenes, inklusives Judentum ein.

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Anja Schindler ist Germanistin, Historikerin und Autorin.
Sie ist Sprecherin des Berliner Arbeitskreises SowjetExil, der sich in vielfältiger Form dem Erforschen und Gedenken der deutschen antifaschistischen Emigrantenfamilien in der Sowjetunion von 1937 bis 1956 widmet. 2016 erschien ihr Buch zum Schicksal der Familie ihrer Mutter: Verhaftet und erschossen. Eine Familie zwischen Stalins Terror und Hitlers Krieg und 2018 über die Familie ihres Vaters: Die drei Leben des Meir Schwartz.

Anja Schindler erzählt in der dritten Folge unseres Podcast von ihrer Familiengeschichte. Sie wurde 1949 in Karaganda (Kasachstan), dem Verbannungsort ihrer Eltern, geboren. Die Mutter stammte aus Berlin und lebte mit ihren Eltern und ihren Brüdern seit 1931 in der Sowjetunion. 1937 wurden sie alle Opfer des Großen Terrors. Der Vater, ein Jude aus Rumänien, verbrachte sieben Jahre im Gulag. 1956 durfte die Familie die Sowjetunion verlassen und nach Ostberlin ausreisen.

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Debora Antmann denkt darüber nach, welche Bedeutung des 8. Mai nicht nur als historische Zäsur hat, sondern auch als fortdauernde Aufforderung, sich mit Kontinuitäten wie Antisemitismus auseinanderzusetzen, auch mit der Rolle von Frauen in der NS-Zeit. Für die Zukunft wünscht sie sich ein selbstbewusstes, vielfältiges jüdisches Leben in Deutschland – und eine Gesellschaft, die bereit ist, sich kritisch mit der NS-Zeit und dem heutigen Umgang mit dem Nationalsozialismus auseinanderzusetzen.

Debora Antmann ist Autorin, politische Bildnerin, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Jüdischen Museum Berlin und Kolumnistin beim Tagesspiegel, Aktivistin, wütende Jüdin, semi-aktive Körperkünstlerin und verhinderte Superheldin. Seit über 10 Jahren arbeitet sie zu jüdisch-lesbischer Widerstands- und Intersektionalitätsgeschichte, jüdischen Selbstbestimmungs- und Communityprozessen, Intersektionalität, Heteronormativität und Behinderung. In unzähligen Publikationen und Medien findet man Beiträge von A wie Antisemitismus bis Z wie Zusammenhalt von ihr – alles immer aus dezidiert jüdischer und lesbischer Perspektive. In verschiedenen Formaten inszeniert sie jüdisch-queere und jüdisch-behinderte Interventionen zur visuellen Selbstbestimmung und leitet seit 2020 den jüdischen flinta Austausch- und Empowerment-Raum „Tsuris&Tseschmetter“.

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Produktion und Schnitt: Vincent Bababoutilabo und Philip Theurer

Wir danken Monom — Stiftung für Veränderung für die Unterstützung!

Feminismus und die extreme Rechte

Abendforum

Antifeminismus und die extreme Rechte

Zehn Jahre nach der Selbstenttarnung des NSU

Frauen reden zu Tisch

4. November 2021

19:00 bis 20:30 Uhr

Online

Am 4. November jährt sich die Selbstenttarnung der rechtsextremen Terrorgruppe „Nationalsozialistischer Untergrund“ zum zehnten Mal. Während im NSU-Prozess mit Beate Zschäpe eine Frau auf der Anklagebank saß, sind Frauen vielfach rechten Aggressionen und antifeministischer Agitation ausgesetzt. Wir nehmen diesen Jahrestag zum Anlass, um über Frauen als Akteurinnen und Angriffsziel der extremen Rechten zu diskutieren: Welche Bedeutung kommt Frauen in rechten Netzwerken zu? Welche Rollen werden ihnen in rechten Ideologien zugeschrieben? Wie äußern sich antifeministische Positionen in der Rechten – und wie anschlussfähig sind sie an andere gesellschaftliche Gruppen? Weshalb sind Frauen, die als muslimisch, jüdisch, nicht-deutsch oder queer wahrgenommen werden, vom rechten Antifeminismus in besonderer Weise betroffen? Wie stellen sich Frauen Drohungen von rechts entgegen?

Darüber diskutieren wir mit

Lamya Kaddor, Publizistin, Lehrerin, Mitbegründerin des Liberal-Islamischen Bundes, kandidiert aktuell für den Bundestag für Bündnis 90/Die Grünen

Prof. Dr. Heike Radvan, Professorin für Methoden und Theorien Sozialer Arbeit an der Brandenburgisch-Technischen Universität in Cottbus, zuvor Aufbau und Leitung der „Fachstelle Gender und Rechtsextremismus“ der Amadeu Antonio Stiftung 

Wie üblich in der Reihe „Frauen reden zu Tisch“ wollen wir dabei gemeinsam essen, trinken, netzwerken – dieses Mal wieder in digitaler Form. Wie das funktioniert? Einfach anmelden, online gehen, etwas zu Essen und Trinken bereitstellen und dabei sein!

Diese Veranstaltung richtet sich ausschließlich an Frauen.

Die Reihe „Frauen reden zu Tisch“ wird organisiert von der Evangelischen Akademie zu Berlin und dem Amt für Kirchliche Diensteder Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz in Kooperation mit dem Aktionsbündnis muslimischer Frauen,dem jüdisch-feministischen Netzwerk Bet Debora und dem Deutschen Muslimischen Zentrum.

Das detaillierte Programm finden Sie unter:
www.eaberlin.de/seminars/data/2021/pol/frauen-reden-zu-tisch

Dort finden Sie auch die Möglichkeit sich anzumelden.

Gefilte Fisch mal 12 – ein Symbol des kulturellen jüdischen Gedächtnisses!

Hervorgehoben

Ein Projekt von Cymes un Delishkes e. V.
in Zusammenarbeit mit Bet Debora

Meine Großmutter hat es früher anders gekocht! Wer von uns hat diesen Satz noch nicht gehört? Seit Jahrzehnten haben wir immer wieder Begegnungen, die uns aufmerksam machen auf traditionelle jüdische Gerichte nach neuem, überraschendem Rezept.

Dieser Satz war unser Ansporn, uns der Vielfalt bei der Zubereitung eines der traditionellsten und bekanntesten jüdischen Gerichte zu widmen, dem Gefilten Fisch.

Unser Projekt will beschreiben, wie der Alltag zum Feld des kulturellen Austausches wird und wie sich die unterschiedlichen Traditionen beeinflussen. In unserem Fall ist eine solche alltägliche Sphäre die Küche – denn sie ist nicht nur der Ort der Zubereitung und der Nahrungsaufnahme, sondern auch der Ort der Kommunikation, ein Treffpunkt für verschiedene Traditionen und Kulturen. Jede Küche hat ihre eigene Sprache, jede Küche formt die Biografie, sie ist nicht nur identitätsstiftend, sie stellt kulturelles Gedächtnis dar. Anhand von 12 Rezepten und 12 Biografien in Deutschland möchten wir darstellen, wie Gefilte Fisch soziale Zugehörigkeit und Gemeinschaftlichkeit schafft – über Grenzen hinweg.

Mit diesem Projekt wollen wir biografische Begegnungen dokumentieren und filmisch festhalten. Im Rahmen unseres Projekts suchen wir Menschen, die ihr Wissen, ihre kulinarischen Familientraditionen oder einfach ein Rezept für Gefilte Fisch an uns weitergeben möchten. 

Wenn Sie uns kontaktieren wollen, würden wir uns sehr freuen Sie kennenzulernen!

cymesundelishkes@magenta.de

Wir bedanken uns herzlich bei Projekt 2021JLID für die freundliche Unterstützung unseres Projekts.

Weitere Informationen unter: https://www.aviva-berlin.de/aviva/index.php 

Freundin oder Freund werden!

Unterstützen Sie Bet Debora, damit in Europa

die Erneuerung jüdischen Lebens von Frauen und von Männern gleichermaßen gestaltet wird

das kulturelle und religiöse Erbe jüdischer Frauen, die vor der Schoa wirkten, nicht in Vergessenheit gerät

jüdische Frauen und Männer nicht im Trauma der Schoa gefangen bleiben, sondern ein zukunftzugewandtes Judentum entwickeln, das vielfältig, pluralistisch und kreativ ist

Jüdische Frauen ein Forum erhalten, um ihre eigenen Themen, Schwerpunkte und Bedürfnisse ausdrücken und weiterentwickeln zu können

Frauen und Männer lernen, welche neuen Wege sich  zu einem egalitären Judentum – im Spannungsfeld von Tradition, Religion und Politik – eröffnen

feministisch-jüdische Standpunkte Eingang finden in gesamtgesellschaftliche Debatten

Am einfachsten können Sie uns regelmäßig unterstützen, indem Sie ein Sepa Lastschriftmandat einrichten. Wenn Sie den folgenden Abschnitt abtrennen und ausgefüllt an die unten angeführte Adresse schicken, richten wir das Sepa-Lastschriftmandat auch gerne für Sie ein: 

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Alice Shalvi

Alice Shalvi: Akademikerin, Feministin, Erzieherin und Friedensaktivistin

Alice Shalvi blickt nicht nur auf eine bemerkenswerte Karriere als Universitätsprofessorin zurück, sondern auch als Erzieherin und Aktivistin. Anhand ihrer Biographie lässt sich auch die Entwicklung des feministischen Aktivismus in Israel verfolgen.

 

Alice Shalvi kam 1926 in Essen, Deutschland, als Tochter einer orthodoxen galizischen Familie zur Welt. Im Mai 1934 musste die Familie nach Großbritannien flüchten. 1944 begann Alice Shalvi als eine der wenigen Frauen ein Studium in Cambridge – eine bemerkenswerte Leistung für eine jüdische Studentin. Nach Abschluss ihres BA in englischer Literatur absolvierte sie ein Masterstudium an der London School of Economics. Als begeisterte Zionistin wollte sie ihre Fähigkeiten als Sozialarbeiterin anwenden, um Holocaustüberlebende in die Gesellschaft des jüdischen Staates zu integrieren. Doch als sie Ende 1949 nach Israel kam, bestand kein Bedarf an Sozialarbeiterinnen. Stattdessen bot ihr die Hebräische Universität in Jerusalem 1950 eine Position in der englischen Abteilung an. Sie unterrichtete dort bis zu ihrer Pensionierung im Jahr 1990.
1950 heiratete Alice Moshe Shelkowitz, einen Einwanderer aus den USA. Später änderte das Paar seinen Namen auf Shalvi. Ihre sechs Kinder kamen zwischen 1952 und 1967 zur Welt. Alice Shalvi konnte trotzdem ihre bemerkenswerte Karriere machen, weil ihr Mann Moshe nicht nur ein unterstützender Partner, sondern auch ein wahrer Feminist war. Als Herausgeber von Nachschlagewerken, u.a. der Encyclopedia Judaica, initiierte und begleitete er die Herausgabe des bahnbrechenden Werks „Jewish Women: A Comprehensive Historical Encyclopedia“. Herausgeberinnen waren Paula Hyman und Daliah Ofer unter Mitarbeit von Alice und Moshe Shalvi. Die Enzyklopädie erschien 2006.

 

Feministisches Erwachen und die Einführung der „Women’s Studies“
Alice Shalvis akademische Karriere war erfolgreich: Sie unterrichtete in der englischen Abteilung der Hebräischen Universität und führte 1969 die englische Abteilung an der neu gegründeten Universität des Negev in Beer Sheva (seit 1973 Ben Gurion University of the Negev) ein. Doch als sie sich 1973 um die Position des Dekan der Universität Beer Sheva bewerben wollte, machte man ihr klar, dass dies für eine Frau unmöglich sei. Als Shalvi diese Abweisung mit Kolleginnen an der Hebräischen Universität besprach, stellte sich heraus, dass alle zwar respektable Karrieren gemacht, jedoch ausnahmslos Schlechterstellungen bei Beförderungen und Diskriminierungen erlebt hatten. Am schockierendsten war, dass sexuelle Belästigung weit verbreitet war. Als die Frauen dem Rektor das von ihnen gesammelte Material zur Schlechterstellung von Universitätsmitarbeiterinnen vorlegten, zeigte dieser Verständnis und versprach Verbesserungen. Das Thema der sexuellen Belästigung hatten die Frauen nicht angesprochen, weil ihnen dies zu peinlich war. 1998 wurde in Israel das „Gesetz zur Verhinderung sexueller Belästigung erlassen“. 2011 wurde der vormalige Präsident des Staates Israel, Moshe Katsav, zu sieben Jahren Haft wegen sexueller Belästigung und Vergewaltigung verurteilt.

 

Ein weiteres nachhaltiges Ergebnis des neuen Bewusstseins der Akademikerinnen war die Entwicklung der „Women’s Studies“. Die jüngeren Universitäten in Tel Aviv und in Beer Sheva richteten Abteilungen für „Women’s Studies“ ein, die konservative Hebräisch Universität ließ sich damit Zeit. Daher unterrichteten die feministischen Akademikerinnen „Women’s Studies“ im Rahmen ihrer Fachgebiete. Alice Shalvi untersuchte zunächst das Bild der Frauen bei Chaucer und Shakespeare, später in der englischen Literatur im Allgemeinen.

 

Hinweis auf Ungleichheit
Vielen Israelis öffnete der Jom Kippur Krieg von 1973 die Augen für die Ungleichheit und Diskriminierung von Frauen. Als die Männer zum Militärdienst eingezogen waren, kamen die Industriebetriebe zum Stillstand, weil sie keine Techniker hatten, der öffentliche Verkehr brach zusammen, weil die Chauffeure fehlten, in der Wirtschaft konnten keine Entscheidungen getroffen werden, weil die zuständigen Manager abwesend waren und es keine Vertreterinnen gab. Zum ersten Mal in der Geschichte des Staates Israel wurde den Menschen vor Augen geführt, in welchem Ausmaß Frauen in niedrigere, schlechter bezahlte Positionen meist im Dienstleistungssektor gedrängt und von wichtigen Entscheidungen in Wirtschaft und Politik ausgeschlossen waren.
1975 lud Ministerpräsident Yitzchak Rabin Ora Namir ein, eine Untersuchungskommission zum Status der Frauen in Israel einzurichten und zu leiten. Alice Shalvi wurde nicht dem Komitee für Familie zugeteilt – schließlich hatte sie ja sechs Kinder. In den zwei Jahren ihrer Existenz sammelte die Kommission bisher unbekanntes Material über Frauen in Israel und wertete dieses aus. Die Ergebnisse wurden in einem zweibändigen Bericht zusammengefasst, der 140 Empfehlungen an die Regierung enthielt. Doch diese setzte kaum etwas davon um (zum Teil weil der Ministerpräsident, dem der Bericht übergeben wurde, nicht mehr Yitzchak Rabin sondern Menahem Begin war).

 

Eine bessere Ausbildung für religiöse Mädchen
Während sie noch in der Namir Kommission mitarbeitete übernahm Alice Shalvi eine weitere Aufgabe. Diese hatte auch mit der Ermächtigung von Frauen zu tun, jedoch nicht auf dem politischen sondern auf dem Gebiet der Erziehung. 1975 übernahm sie ehrenamtlich die Leitung von Pelech (Spindel), einer fortschrittlichen Schule für ultra-orthodoxe Mädchen. Obwohl die jüdische Tradition Frauen das Studium des Talmud verbietet, war dieses Pflichtfach in Pelech. Außerdem lernten die Mädchen Fächer wie Weltliteratur, die in ultra-orthodoxen Kreisen verpönt sind. Daher boykottierten ultra-orthodoxe Eltern Pelech, doch modern orthodoxe – darunter Alice und Moshe Shalvi – ließen ihre Töchter sehr gerne dort lernen. Obwohl sich die Schule unter Alice Shalvis Leitung sehr gut entwickelte, war sie dem religiösen Lehrkörper viel zu liberal. Sie stellte eine junge Religionslehrerin, die am nicht-orthodoxen (konservativen) Jewish Theological Seminary in New York ausgebildet worden war. Außerdem organisierte sie Treffen zwischen ihren Schülerinnen und Mädchen aus arabischen Schulen. Ihre größte Sünde aber war ihre Mitarbeit im Israel Women’s Network, das das Oberrabinat offen wegen der Diskriminierung von Frauen in Scheidungsverfahren kritisierte. Die Abteilung für religiöse Erziehung im Unterrichtsministerium verlangte, dass Shalvi ihre politische Arbeit beim IWN sofort einstelle, andernfalls würde die Schule ihre Zulassung verlieren. 1991 zog sich Shalvi von Pelech zurück.

 

Das Israel Women’s Network
Das Israel Women’s Network (IWN) wurde nach den Wahlen von 1984 gegründet. Untersuchungen der Wählerschaft hatten ergeben, dass nicht nur mehr Frauen gewählt hatten, sondern diese auch besser ausgebildet waren (mehr Schuljahre) als die Männer. Dennoch wurde die Zahl der weiblichen Abgeordneten in der Knesseth reduziert. Eine Gruppe von Akademikerinnen schloss sich zusammen, um den wenigen Politikerinnen dabei zu helfen, Gesetze zur Verbesserung der Rechte der Frauen im Parlament einzubringen und beschließen zu lassen. Zu diesem Zweck gründeten sie das Israel Women’s Network (IWN). Nach einem Jahrzehnt von Forschungen im Rahmen der Women’s Studies konnten die Akademikerinnen des IWN Politikerinnen mit Daten für Gesetzesvorlagen unterstützen, sie erschienen als Expertinnen bei Komitees, sie erweckten das Interesse einer breiteren Öffentlichkeit für bestimmte Themen, sie unterstützten Initiativen der Politikerinnen. Aus diesen bescheidenen Anfängen entwickelte sich ein angesehener Think Tank der sich mit allen Aspekten weiblicher Diskriminierung befasst, vom Status der Frauen bei rabbinischen Gerichten, in der Armee, bei der Sozialversicherung und bei Hilfe für Opfer von Menschenhandel udgl.

 

Friedensaktivistin
Während des Sechs-Tage-Krieges im Juni 1967 hatte Israel die Westbank und Ost-Jerusalem eingenommen. Obwohl Alice Shalvi in Jerusalem lebt, dauerte es bis 1986, dass sie eine arabische Frau traf, die keine niedrigen Dienstleistungen für Juden erbrachte, sondern bezüglich Ausbildung und Beruf ihr selbst entsprach. Vater Emanuel von der Dormitio Abtei stellte ihr eine Dozentin für Biologie an der Universität Bir Zeit in Ramallah vor. Sie unterhielten sich über sich selbst, nicht über Politik, und beschlossen ein weiteres Treffen, zu dem sie Freundinnen mitbringen wollten. Die Frauen, die kamen, hatten alle schon an Dialoggruppen teilgenommen, die den Frieden und die Koexistenz fördern wollten. Doch die ursprüngliche Gesprächspartnerin Shalvis lehnten die Palästinenserinnen als nicht repräsentativ ab, weil sie Christin war. Als Ende 1987 die erste Intifada ausbrach, fanden die Gespräche ein Ende. Doch die Frauen setzten sich auch weiterhin für Frieden ein. Sie organisierten wöchentliche Demonstrationen gegen die Okkupation, auf dem Paris Platz und nahe dem Zions Tor in Jerusalem. Dabei trugen sie schwarze T-Shirts und nannten sich „Frauen in Schwarz“. Alice Shalvi demonstrierte nicht nur in Israel, sondern auch im Ausland mit den Frauen in Schwarz. Außerdem schlossen sich den Israelis immer wieder ausländische Besucherinnen an. Unter diesen war Simone Susskind aus Brüssel. 1989 organisierte sie in Brüssel eine Dialog zwischen jüdischen palästinensischen Frauen aus Israel, an dem auch Alice Shalvi teilnahm. Unter den Teilnehmerinnen waren auch Shulamit Aloni von der Bürgerrechts-Liste, sowie Nava Arad von der Arbeiterpartei. Nach anfänglichen Spannungen und gegenseitigen Anschuldigungen wurden die Gespräche konstruktiv. Hanan Ashrawi, die Vertreterin der PLO, und die Politilogin Naomi Chazan, die auch Vorstandsmitglied des IWN war, entwarfen ein gemeinsames Papier, das eine Zwei-Staaten-Lösung und Einstellung der Feindseligkeiten forderte – und dies vier Jahre vor den Oslo Verträgen. Doch konnte das Papier nicht der Presse übergeben werden, weil Nava Arad nicht rechtzeitig die Zustimmung ihrer Partei aus Jerusalem erhielt.
2000 zog sich Alice Shalvi von IWN zurück. Heute ist sie, ebenso wie Naomi Chazan, Vorstandsmitglied des New Israel Fund, der eine fortschrittliche Zivilgesellschaft in Israel fördert.

 

Photo: Alice Shalvi (2. von rechts) bei der Vorstandssitzung des New Israel Fund in Tel Aviv, Februar 2020. © NIF

 

Bet Debora
2000 besuchte Alice Shalvi erstmals seit ihrer Flucht im Jahr 1934 Deutschland. Sie kam mit erheblichen Vorbehalten und Ängsten. Doch Deutschland überraschte sie und sie konnte damit Frieden schließen. Bei ihrem Besuch traf sie auch die Gründerinnen von Bet Debora Lara Dämmig, Monika Herweg und Elisa Klapheck und war beeindruckt von ihrer Vision einer Erneuerung des europäischen Judentums nach dem Fall der kommunistischen Regime und der Rolle, die jüdische Frauen dabei spielen konnten. Shalvi erklärte sich bereit, an der zweiten Bet Debora Tagung im Jahr 2001 teilzunehmen. Dort lernte sie den Reichtum des europäischen Judentums kennen. Bisher hatte sie nur das britische, das israelische und das amerikanische Judentum kennengelernt, aber keine jüdischen Gemeinden, die nach der Shoah wieder entstanden waren. Sie war sich nicht bewusst gewesen, wie lebendig dieses Judentum war, wie viel Kreativität und Energie europäische jüdische Frauen erfüllten. Sie nahm auch an späteren Tagungen teil. Mit ihrem reichen jüdischen Wissen und ihrer Begeisterung war sie eine der Mentorinnen von Bet Debora.

Eleonore Lappin-Eppel

 

Jewish Women: A Comprehensive Historical Encyclopedia https://jwa.org/encyclopedia/about
Israel Women’s Network https://iwn.org.il/english/about-the-israel-womens-network/
Frauen in Schwarz http://womeninblack.org
New Israel Fund https://www.nif.org

Short history of Jewish presence in Serbia

 

 

 

Jewish presence in Serbia can be traced back thousands of years ago to Roman times. By the 12th century, Jews were quite influential in the region as traders and were generally treated well. Under Ottoman rule, Jewish merchants became influential in trade between the northern and southern portion of the Ottoman Empire and accordingly prospered. Later in the 16th century, Jews expelled from the Iberian Peninsula during the Inquisition arrived in the region

Synagogue in Subotica

and Jews slowly began to settle in. Austria also ruled over part of the region, so Jews from various parts of the Austrian Empire began to settle in Vojvodina and establish communities in villages and cities across the region.

 

After Serbia obtained its independence in the 1830s, the newly formed Serbian government began persecuting Jews, barring Jews from certain professions. It was The Treaty of Berlin in 1878 that gave Serbian Jews full civil rights, but it was not until 1889 that the Serbian Parliament declared equal rights for all Serbian citizens and officially lifted restrictions on Jews.

 

In the early portion of the 20th century, Jews fought in the Balkan War from 1912 to 1913 and later fought in World War I. After the war, Serbia became a part of the state of Yugoslavia, and the Jewish community in Serbia was linked to Jews in other parts of the kingdom. 

 

The interwar years saw Jewish life in Serbia maintain a relative sense of stability. Antisemitism generally was not an issue, and Serbian Jews were able to participate equally in Serbian society. However, the aftermath of World War II and the Holocaust saw Serbian Jewry devastated. A majority of Holocaust survivors in Yugoslavia emigrated for Israel following its establishment in 1948, and many Serbian Jews assimilated.

 

With the disintegration of Yugoslavia in 1991 and the outbreak of the civil war, Yugoslavian Jews were thrown into the middle of the violence. Throughout the war, the organized Jewish body in Serbia provided food aid, clothing, medicine, and organizing accommodation for refugees from Bosnia and Herzegovina. During the NATO campaign on Yugoslavia in 1999, the Federation of Jewish Communities of Serbia evacuated around 600 of its members to Hungary from bombed cities, and then to Israel and other countries.

 

Though many Jews left Serbia during the violence that engulfed the region throughout the 1990s, the Jewish community in Serbia remains stable today and experiences support from the Serbian government, which recognizes Judaism as one of the seven “traditional” religious communities in the country.

 

Useful links:

Jewish Virtual Library

European Jewish Congress: Serbia

World Jewish Congress: Serbia

The Times of Israel: In impoverished: Serbia Jewish community is isolated – and rapidly shrinking

The Jerusalem Post: Zionisms. Was the Jewish state born in Serbia?