Bet Debora Journal IV

JEWISH WOMEN IN EUROPE: CREATING ALTERNATIVES

ALTERNATIVEN SCHAFFEN: JÜDISCHE FRAUEN IN EUROPA

 

 

 

 

Sprache: Deutsch, Englisch
136 Seiten, Klappenbroschur
50 Abbildungen
ISBN: 978-3-95565-264-7
15,00 €

Hentrich & Hentrich Verlag Berlin Leipzig

Berlin 2018

 

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Inhalt / Content

  • Eleonore Lappin-Eppel, Lara Dämmig: Editorial

Women in Poland – Past, Present / Frauen in Polen in Vergangenheit und Gegenwart

Family (Hi)stories / Familiengeschichten

Renewing Traditions / Traditionen erneuern

Shoah, Communism and thereafter / Shoah, Kommunismus und danach

 

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Inhaltsangaben

 

Agnieszka Graff: Notes from a Polish Jewish Feminist

Der Beitrag von Agnieszka Graff war Teil des Panels “Polish Jewish Women and Leadership: Then and Now,” der 8. Internationalen Bet Debora Tagung in Wrocław, 1.-4- September 2016. Darin beschreibt sie ihren Weg zu der Erkenntnis über den Zusammenhang von Jüdischsein und Feministin zu sein. Am Beginn ihrer Karriere als Feministin maß Agnieszka Graff der Tatsache, dass sie einen jüdischen Vater und daher auch jüdischen Namen hatte, keine Bedeutung zu. Als sie 1995 von ihren Studien in den USA nach Polen zurückkehrte, fühlte sie sich als Feministin und wollte auch nicht wahrnehmen, wie viele polnische Feministinnen, darunter ihre engen Mitstreiterinnen Bożena Keff, Kazimiera Szczuka, jüdisch waren.

2005, zur Zeit des ersten nationalen Erwachens in Polen nach 1989, erkannte Graff, dass viele derer, die sie in ihrem 2001 erschienen ersten Buch „World Without Women” als homophob, konservativ und frauenfeindlich beschrieben hatte, auch Antisemiten waren.

Nach einer Reihe von Interviews mit prominenten Feministinnen der zweiten Generation und einem Besuch in Israel im Jahr 2010 gelangte sie zu einer Klärung. Sie erkannte, dass Jüdischsein und Geschlecht eine komplizierte gemeinsame Geschichte haben. Sie erkannte die Verbindung von Antisemitismus und der Frauenfeindlichkeit in der Vergangenheit und im heutigen Polen. Einen noch tieferen Zusammenhang von Jüdischsein und Feminismus sieht sie jedoch in einer langen Geschichte von Verleugnung, Hass und Furcht.

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S.L. Wisenberg: Rosa Luxemburg in Breslau: A Room of Her Own

Die Autorin analysiert die Briefe, die Rosa Luxemburg schrieb, während sie aufgrund ihres Auftretens gegen den Ersten Weltkrieg inhaftiert war. Besondere Betonung findet Luxemburgs Zeit im Gefängnis von Breslau. Luxemburg zeigte großes Einfühlungsvermögen und Menschlichkeit, besonders, wenn sie über Tiere schrieb. Die Autorin analysiert, was Luxemburg so attraktiv machte und schreibt über andere jüdische Heldinnen. Sie beschreibt die Rolle der jüdischen Frau während ihrer Kindheit in den USA, um die Bedeutung von Rollenmodellen in Büchern zu unterstreichen. Sie weist auf das Paradox hin: Luxemburg war als Jüdin geboren, empfand aber keine besondere Zugehörigkeit aufgrund ihrer Abstammung, und doch betrachten wir sie heute als zum Pantheon jüdischer Aktivistinnen gehörend. 

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Angelique Leszczawski-Schwerk: Róża Pomeranc-Melcer(owa) (1873-1934): Eine galizische Zionistin und die erste jüdische Politikerin in der Zweiten Polnischen Republik

Im Mittelpunkt des Beitrags steht die in der Zweiten Polnischen Republik agierende erste jüdische Sejm-Abgeordnete und Zionistin Róża Pomeranc Melcer. Die Facetten ihrer Tätigkeiten und Handlungsräume sind weitestgehend in Vergessenheit geraten. Wer war diese Frau? Was kennzeichnet ihr Schaffen? Wie ist ihr politisches Engagement zu bewerten?

Pomeranc Melcers Wirken als Zionistin und Politikerin soll in diesem Beitrag näher beleuchtet werden. Ihr Leben und Schaffen spiegelt sehr deutlich die enge Verflechtung von Zionismus und allgemeiner Politik wider. Als Erstes werde ich kurz zusammengefasst die Etappen ihrer zionistischen Organisationstätigkeit präsentieren, um aufzuzeigen, wie diese ihren Weg in die Politik ebneten. Als Zweites werde ich allgemein ihre schriftstellerische Tätigkeit vorstellen und mich im dritten und wichtigsten Punkt ihrer politischen Karriere und parlamentarischen Arbeit annähern.
Die Person Róża Pomeranc Melcer soll als Beispiel für die Richtigkeit der Thesen dienen, dass Zionistinnen in Polen vor allem in der Zwischenkriegszeit den politisch-öffentlichen Raum eroberten und sowohl zionistische Frauenpolitik als auch Feminismus propagierten. Weiters soll gezeigt werden, wie ihr Schaffen bzw. Wirken die „Vielschichtigkeit des Weiblichkeitsentwurfs“ im Zionismus repräsentierte. Pomeranc’ Name steht für eine jüdische Pionierin, Visionärin, Pragmatikerin, Idealistin, Sozialreformerin und Frauenrechtlerin, die einerseits der Frauenemanzipation innerhalb des Zionismus Räume der Entfaltung schuf, andererseits frauenpolitische Belange und neue sozialreformerische Projekte im polnischen Staat förderte. Ihr Netzwerk und Engagement reichte dabei von Südostpolen und dem einstigen Galizien des Habsburgerreiches bis hin zur polnischen Hauptstadt Warschau und europäischen Großstädten.

Darüber hinaus war Pomeranc Melcer eine der politisch aktivsten jüdischen Frauen im Polen der Zwischenkriegszeit, deren Wirken kaum untersucht wurde und somit sichtbar(er) zu machen ist. Damit soll zugleich die parlamentarische Arbeit von Minderheitenvertreterinnen in der Zweiten Polnischen Republik, aber auch weibliches Wirken im Zionismus sowohl gewürdigt als auch erinnert werden.

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Alicia Svigals: The Yellow Ticket

Die Aufführung meines Multimediawerks „The Yellow Ticket“ – eine Komposition für die live gespielte Begleitung des seltenen Stummfilms „Der gelbe Schein“ mit Pola Negri aus dem Jahr 1918 – in der Breslauer Synagoge Zum Weißen Storch war eine berührende und freudige Erfahrung für mich und meine musikalische Partnerin Marilyn Lerner. Wir hatten das Werk bereits in Theatern, Kinos und Synagogen in den USA aufgeführt, aber diese Vorstellung war mehr als nur ein Konzert: es war die Heimkehr des Films. So wie die Synagoge zum Weißen Storch die einzige Synagoge in Breslau ist, die die „Kristallnacht“ überlebt hat, ist der Zelluloidstreifen, der meiner Restaurierung zugrunde liegt, die einzige bekannte Kopie, die den Erlass der Nazis überlebt hat, aufgrund dessen alle Kopien dieses philosemitischen Films zerstört werden sollten. In Nalewki, dem jüdischen Viertel des Vorkriegswarschaus, gedreht und mit Polens international meist gefeiertem Filmidol in einer ihrer ersten Rollen, sollte dies das erste Mal seit dem Krieg sein, dass der Film mit den richtigen Zwischentiteln, die ausschließlich auf jenen des Originals beruhten, in seiner Heimat aufgeführt wurde.

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Rabbi James Baaden: Edith Stein (1891-1942), Daughter of Breslau

Edith Stein (1891-1942) war die jüngste Tochter einer großen Familie der deutsch-jüdischen Mittelschicht. Sie wuchs in Breslau auf, wo sie auch ihr Abitur ablegte und ihr Studium begann. Nachdem sie nach Göttingen zog, kam sie unter den Einfluss des großen Phänomenologen Edmund Husserl. Husserl nahm sie als Forschungsassistentin mit, als er nach Freiburg ging. Nach ihrem Doktorat kehrte Edith Stein 1918 nach Breslau zurück. Kurz nachdem sie die Stadt 1921 wieder verließ, beschloss sie, zum Katholizismus überzutreten. 1933 trat sie in die Gemeinschaft der Karmelitinnen in Köln ein und nahm alsbald den Schleier als Schwester Teresia Benedicta a Cruce. Gegen Ende 1938 verlegte sie ihr Orden in eine andere Gemeinschaft von Karmelitinnen in Echt in den Niederlanden. Zwei Jahre später besetzte Nazi-Deutschland die Niederlande und 1942 wurde Edith Stein als „nicht arischer“ Flüchtling nach Auschwitz deportiert und ermordet.

Nach dem Krieg sammelten die Karmelitinnen alle Gegenstände, die mit Edith Stein in Zusammenhang standen, im beeindruckenden Edith Stein Archiv in Köln. 1962 leitete der Erzbischof von Köln, Kardinal Josef Frings, den Seligsprechungsprozess ein. Dass Edith Stein aber schließlich heiliggesprochen wurde, war das Verdienst dreier Polen: Roman Ingarden, Bolesław Kominek und Karol Wojtyła. Roman Ingarden, der berühmteste polnische Philosoph, war Edith Steins bester Freund in ihrer Zeit in Göttingen und Freiburg. In Krakau freundete er sich mit dem katholischen Erzbischof Karol Wojtyła an, der seinerseits ein Freund des Wrocławer Erzbischofs Kominek war. In den 1960er Jahren waren die beiden Erzbischöfe eifrig bemüht, diplomatische Beziehungen zwischen der Volksrepublik Polen und der Bundesrepublik Deutschland herbeizuführen. 1968 initiierten und unterstützten sie die ersten Gedenkveranstaltungen für Edith Stein. 1978 wurde Kardinal Wojtyła zum Papst Johannes Paul II gewählt .1987 wurde Edith Stein in Köln selig gesprochen und 1998 in Rom durch Johannes Paul II als Heilige der katholischen Kirche kanonisiert.

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Eleonore Lappin-Eppel: Karla Wolff – Surviving the Shoah in Breslau/Wrocław

Der Titel der Erstausgabe von Karla Wolffs Autobiographie, die 1990 erschien, lautete: „Ich blieb zurück. Die Überlebensgeschichte der Tochter einer christlichen Mutter und eines jüdischen Vaters“. Der Titel deutet die Problematik an, welche dieses Überleben für die Autorin hatte: Karla Wolff, die sich mit der Breslauer jüdischen Gemeinde eng verbunden fühlte, teilte deren Schicksal nicht bis zum Ende. Geschützt durch ihre christliche Mutter waren sie und ihr Vater von den Deportationen ausgenommen. Doch da Karla Wolff 1937 zum Judentum konvertiert war, die jüdische Schule besuchte und von 1942-1944 als Hilfskrankenschwester für die jüdische Gemeinde arbeitete, wurde sie Zeugin der Vernichtung dieser Gemeinde, wovon sie in ihrer Autobiographie ein bewegendes Zeugnis ablegt.

Karla Wolff, geb. 1928, besuchte bereits vor ihrer Konversion regelmäßig den Freitagabendgottesdienst in der liberalen Neuen Synagoge sowie die jüdische Schule. Als die Behörden 1937 forderten, dass konfessionslose „Mischlinge“ ein Religionsbekenntnis annehmen müssten, kam für sie nur das Judentum in Frage. Diese Entscheidung machte sie zur „Geltungsjüdin“, die sämtliche Diskriminierungen erlitt, wie Jüdinnen und Juden.

1942 durften jüdische Kinder keinen formalen Schulunterricht erhalten. Karla erhielt eine Ausbildung als Hilfskrankenschwester im Altersheim der jüdischen Gemeinde und übte damit eine befriedigende Tätigkeit aus. Diese brachte aber auch mit sich, dass sie in den Jahren 1942/43 ihre PatientInnen, ihre FreundInnen, Bekannte und Verwandte, in den Sammelstellen vor der Deportation betreute und den starken Wunsch entwickelte, ihr Schicksal bis zum Ende zu teilen.

Nach ihrer Befreiung bauten die wenigen Überlebenden ein neues deutsch-jüdisches Gemeindeleben auf. Nach einigen Monaten mussten sie feststellen, dass das polnische Wrocław für sie keine Heimat mehr war, und sie flohen in den Westen. Karla Wolff kam 1947 mit einem illegalen Transport nach Palästina und fand im Staat Israel ihre endgültige Heimat.

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Gail Reimer: Judith Berg: Dancing the Jewish Past, Creating a Jewish Future?

Die Tänzerin und Choreographin Judith Berg verbrachte die Kriegsjahre in der Sowjetunion, wohin sie vor den Nazis geflohen war. Dort ging sie ihrer Berufung nach, wann und wo immer sie konnte. Kurz nach Kriegsende wurde sie nach Polen zurückgeschickt. Am besten bekannt für ihre Choreographie im Film Der Dybbuk aus dem Jahr 1937, versuchte sie in ihrer Arbeit, das Wesen des religiösen jüdischen Lebens einzufangen und eine Brücke aus der Vergangenheit in eine neue jüdische Zukunft zu schlagen.

Vor dem Krieg gründete Berg in Warschau eine Schule für modernen Tanz und begründete ihren Ruf als Tänzerin auf der Bühne in Warschau, wo sie expressionistische Tänze darbot, die auf jüdischen Traditionen, Ritualen und volkstümlichen Formen aufbauten. Sie schuf aus diesen eine neue Tanzform, in welcher traditionelle und moderne Elemente, von den Chassidim und von Mary Wigman übernommen, mit einander verschmolzen. Nach dem Krieg war es für Berg unvorstellbar, dass es je wieder eine jüdische Zukunft in dem Massengrab Warschau geben könnte.

Aber einige wenige Jahre hatte sie doch die Hoffnung, dass anderswo in Polen jüdisches Leben neu entstehen könnte, und setzte auf die Bundisten und die Künstler, die versuchten, in Wrocław ein neues jüdisches Zentrum zu errichten. Es sind diese Jahre, von 1946 bis 1950, auf die sich dieser Artikel konzentriert, obwohl es zu ihrem Verständnis nötig ist, wenn auch nur oberflächlich auf das davor Geschehene einzugehen. Bergs Entscheidungen und Engagement in den Nachkriegsjahren zu verstehen hat auch erfordert, mich mit meiner eigenen Geschichte auseinanderzusetzen. Im Zuge dessen wurde mir bewusst, dass diese mit jener Bergs mehr Gemeinsamkeiten hat, als ich hier darlegen kann.

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Elianna Mitchnik im Gespräch mit Ruth E. Herzka: Schoraschim/Wurzeln – transgenerationale Ressourcen und deren Aufarbeitung in der Kunst

Ruth E. Herzka, Künstlerin und Kunstpsychotherapeutin, studierte Kunst, Psychologie, Anthropologie in Zürich (Schweiz) und Kunstpsychotherapie in Haifa (Israel). Sie arbeitet und lebt mit ihrer Familie in Basel (Schweiz). Die Künstlerin gehört der zweiten Generation nach der Shoah an und wurde an der 8. Bet Debora Tagung in Wroclaw von Elianna Mitchnik, einer jungen Psychologiestudentin, deren Familie aus der Ukraine und Russland stammt, interviewt. Diese gehört der ersten Generation der in Berlin Geborenen an.

Inspiriert durch Textilien aus Osteuropa (Tschechische Republik, Slowakei, Ungarn, Polen, Rumänien), arbeitet Ruth E. Herzka mit Motiven, Mustern, Farben sowie dem Transfer einer spezifischen und unverwechselbaren Atmosphäre in ihren Bildern. Da ihre Vorfahren vorwiegend aus den oben genannten Ländern kommen, arbeitet sie über ihre eigene Prägung durch sie sowie deren Einfluss auf ihre Familie. Dies durch ihre künstlerische Annäherung, im Sinne von Ressourcen. Nachfolgend ein Auszug aus dem Interview.

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Tanya Ury: Personal Affects – Going into the Archive (Bestandsaufnahme – Das Archiv Betreten)

Mit der Zerstörung des Kölner Archivs stürzten tausend Jahre deutsche Geschichte in den Regen und Schlamm. Darunter befand sich auch das Erbe meiner jüdischen Familie, das in der Vergangenheit durch das Nazi-Regime ausgeschlossen worden war – denn trotz Verfolgungen und Exil hatte meine Familie das Glück, zusätzlich zur mündlichen Überlieferung auch Archivmaterial zu besitzen.

Eberhard Illner, der bis 2008 für den Bereich Sammlungen, Fotografie und Nachlässe im Historischen Archiv der Stadt Köln verantwortlich war, hatte Interesse gezeigt, unseren Nachlass zu sammeln, weil meine britisch-deutsch-jüdische Familie vor und nach dem Zweiten Weltkrieg in Deutschland kulturell aktiv gewesen war. Illner, seit 2008 Leiter des Historischen Zentrums in Wuppertal, spricht in einem deutschen Radiointerview, gesendet im Januar 2015, über unseren Nachlass:

„Man muss sich ja klarmachen, dass in Deutschland selber aus dieser Zeit kaum etwas überliefert ist, so dass das gestorbene, unterdrückte Kulturleben Deutschlands eigentlich nur rekonstruierbar war oder ist über die Exilkulturschaffenden, die ausgewandert sind, nur dort wird man authentisches Material finden.“2

Personal Affects – Going into the Archive (Bestandsaufnahme – Das Archiv Betreten) ist ein Beitrag über meine künstlerische und schriftliche Arbeit, und insbesondere über die Geschichte des Legats, das meine Geschwister und ich dem Archiv 1998 nach dem Tod unserer Mutter in London überantwortet haben.

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Tania Reytan-Marincheshka: The Doctor and all the Others

To my mother and to the memory of my mother’s family

Tania Reytan-Marincheshka erzählt in einem kurzen Text und anhand von Familienfotos vom Schicksal ihrer Familie während des Zweiten Weltkriegs in Bulgarien.

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Sarah Egger: The Female Muscle Jew – Women in Jewish Sports Associations in the German-Speaking Sphere between 1900 and 1912

Das Ideal des “Muskeljuden” führte gemeinsam mit dem Ausschluss der Juden aus den aufkommenden nationalistischen Sportvereinen des frühen 20. Jahrhunderts zur Gründung einer Vielzahl jüdischer Sportvereine. Mit der Analyse der Beiträge von Frauen im Monatsblatt Jüdische Turnzeitung. Monatsschrift zur körperlichen Hebung des Judentums zwischen 1900 und 1912 wollte ich herausfinden, wie Frauen in jüdischen Sportvereinen mit dem betont männlichen Ideal umgingen und es sich zu Eigen machten. In einer kurzen Einleitung werde ich einen Überblick über die verschiedenen Aspekte des „Muskeljudentums“ geben. Dann werde ich die wichtigsten Themen vorstellen, die Frauen in jüdischen Sportvereinen beschäftigten. Danach werde ich die Frage aufwerfen, in welcher Weise Frauen tatsächlich „Muskeljüdinnen“ wurden, obwohl der Arzt und Zionist Max Nordau diesen Begriff ausdrücklich als männlichen einführte. In einer kurzen Zusammenfassung gehe ich auch auf das Thema der Bet Debora Tagung „Creating Alternatives“ ein.

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Mimi Sheffer: Cantor + Woman = Feminist?

Nie hätte ich mir träumen lassen, Kantorin zu werden. Als mich mein Lebensweg dann zu einer werden ließ – zuerst in den USA, dann in Deutschland – brachte mich mein Frausein in unerträgliche Situationen. Und so frage ich mich: Verleihen mir diese Erfahrungen den Titel „Feministin“? War mein Vater, ein orthodoxer Mensch, der mich als Person, anstatt als Mädchen oder Jungen, bzw. als Frau oder Mann, behandelte; der mich daher, wie viele andere Frauen auch, in religiösen Aufgaben unterwies; war dieser mein Vater einfach naiv? Denn mich einfach als jene Person, die ich bin, zu verhalten, konnte mir diese unerträglichen Situationen nicht ersparen.

Bilder und Anekdoten warmer Erinnerungen ebenso wie von Frustrationen, Annahme, Gleichgültigkeit und Zurückweisung werden Ihnen meine ganz persönliche Perspektive vermitteln.

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Miranda L. Crowdus: Women’s Rosh Chodesh Services in Orthodox Judaism: Music, Gender, and Power-Negotiations on the Periphery

Dieser Artikel behandelt meine Forschungsarbeiten zu sozialen und musikalischen Aspekten von Rosch Chodesch-Gruppen orthodoxer Frauen. Diese Gruppen sind weder heute besonders weit verbreitet, noch waren sie es in der Vergangenheit, sondern sind wirklich am Rande der jüdischen Praxis geblieben, die ja (außer bei Gemeinden in Israel) an sich bereits am Rande nicht-jüdischer Gesellschaften besteht. Insofern musste meine Arbeit einen breiten, internationalen Blickwinkel einnehmen. Meine Ergebnisse beruhen Großteils auf Gruppen in Nordamerika und Europa, wobei spezifische Örtlichkeiten u.a. in New York, Montreal, Amsterdam, Berlin und London untersucht wurden. Dort wird auch Feldarbeit über das relativ junge Phänomen der sogenannte „Partnerschafts-Minyanim“ betrieben. Des Weiteren habe ich erste Feldstudien mit der viel diskutierten Gruppe der „Women of the Wall“ (WoW) in Jerusalem durchgeführt.

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Der Happy Hippie Jew Bus

Schon seit Jahren reisen Anna Adam und Jalda Rebling mit dem happy hippie jew bus, einem fliegenden Klassenzimmer, durch Deutschland, mit dem sie spielerisch mit dem Judentum vertraut machen wollen. Auch zur achten Bet Debora Tagung im September 2016 kamen sie mit dem bunt bemalten Kleinbus von Berlin nach Wrocław, wo er vor der Synagoge Zum weißen Storch parkte und die Neugier von Konferenzteilnehmerinnen, Einheimischen und Gästen weckte.

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Marion Kahnemann: Texte als Fundstücke

Marion Kahnemann arbeitet zum größten Teil mit Fundstücken, die von Menschen gemacht und von deren Gebrauch geprägt sind – jedes mit seiner eigenen Geschichte, weggeworfen von Menschen. Die Künstlerin gibt diesen Objekten ihren menschlichen Kontext zurück – auch, wenn es nun ein anderer ist. Daneben erkundet sie die Möglichkeiten der Interaktion von Textlichem und Visuellem. Der Umgang mit Texten ist Teil eines längeren Prozesses, in welchem sie das Gefundene zueinander in Beziehung setzt. Das Gefundene kann Objekte, Materialien, Texte, Geschichten, Erfahrungen, Begegnungen, Vergegnungen oder auch nur einfache Entdeckungen während des Schaffens umfassen. Daraus ergibt sich eine Art Dia-,Tria- oder Tetralog – quasi ein Gespräch zwischen den verschiedenen Materialien, den Farben, Formen, Texten, Subtexten, ihr selbst, dem Betrachter usw. Dabei geht es ihr in keinster Weise um eine Illustration der Texte!

Neben biblischen und rabbinischen Texten rückten in den letzten Jahren zunehmend die Lyrik und Prosa von Else Lasker-Schüler, aber genauso auch sie als Person, ins Zentrum von Kahnemanns künstlerischer Auseinandersetzung. Auslöser dieses Interesses und einer wachsenden Neugier war eine Erinnerung von Uri Zvi Greenberg an die Dichterin: „Erwähnenswert ist, dass sie einmal in Berlin im Jahre 1921, als ich ihr sagte, man müsste ihre Gedichte ins Hebräische übersetzen, erbost antwortete: Was? Ich schreibe doch Hebräisch!“ Ein höchst kryptischer Satz, der aber noch eine ganz andere Bedeutungsebene bekommt, wenn man in Betracht zieht, dass heute kaum jemand, der Hebräisch als Muttersprache spricht, Else Lasker-Schüler kennt, obwohl sie ihre letzten Lebensjahre in Jerusalem verbracht hat und dort auch begraben liegt …

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Martina Bitunjac: The “lost generation” of female Jewish artists in former Yugoslavia: Riki Levi, Lea Deutsch and Stella Skopal

Das aschkenasische und sefardische Judentum prägte auf dem Territorium des ersten jugoslawischen Staates (1918–1941) die wirtschaftliche, gesellschaftliche und kulturelle Entwicklung in vielerlei Hinsicht. Jüdische Kunst- und Kulturschaffende, spielten, als Teil der Avantgarde, zwar eine herausragende Rolle, aber dennoch sind heute einige von ihnen vollkommen in Vergessenheit geraten. Künstlerinnen, wie etwa die Tänzerin Riki Levi, die Theaterschauspielerin Lea Deutsch oder die Keramikerin Stella Skopal, befanden sich in der Zwischenkriegszeit auf dem Höhepunkt ihrer Karrieren, die mit der Zerschlagung des Vielvölkerstaates und der darauf folgenden Verfolgung von Juden durch die Nationalsozialisten und den (einheimischen) Faschisten schlagartig beendet wurde. Am Beispiel dieser Talente sollen im Folgenden drei verschiedene Kurzbiografien und Schicksale jüdischen (Über)lebens während des Holocaust auf dem Balkan aufgezeigt werden.

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Lara Dämmig: Jüdischsein in Ostberlin

Die Autorin wuchs als Jüdin in Ostberlin auf, wohin ihre Großeltern mit ihrer Mutter, die im Exil geboren wurde, zurückkehrten. Sich in einer antifaschistischen Tradition sehend, übernahm die DDR keine Verantwortung für die Verbrechen, die in der NS-Zeit verübt wurden. Die offizielle Geschichtsschreibung, aber auch die Tatsache, dass die DDR eine homogene Gesellschaft war, in der alle offiziell gleich zu sein hatten und in der es keinen selbstverständlicher Umgang mit Jüdinnen und Juden, mit jüdischer Kultur und Tradition gab, machte es nicht einfach, das eigene Anderssein zu verstehen und zu leben.

Die Ostberliner jüdische Gemeinde war sehr klein und überaltert; sie hatte in den 1980er Jahren ca. 200 Mitglieder. Dennoch bot sie der Autorin einen Raum, wo sie Jüdischkeit erfahren konnte. Trotz mangelnder materieller und personeller Ressourcen und der politischen Rahmenbedingungen wurde versucht, jüdisches Leben aufrechtzuerhalten, wenn sie auch kaum an die Traditionen der Vorkriegsgemeinde angeknüpft werden konnte. Regelmäßig fanden in der Synagoge Rykestraße, die in der Pogromnacht im November 1938 nicht zerstört wurde, Gottesdienste statt, manchmal auch Konzerte mit dem Oberkantor der Westberliner jüdischen Gemeinde. Kinder, Jugendliche und Frauen trafen sich in eigenen, kleinen Gruppen. Die Fleischerei der Gemeinde versorgte die Mitglieder mit koscherem Fleisch. Der Schochet kam regelmäßig aus Ungarn nach Berlin, um zu schächten. Im Sommer konnten Kinder aus dem ganzen Land an die Ostsee in ein Kinderferienlager fahren, das der Verband der Jüdischen Gemeinden in der DDR organisierte.

Mit dem Fall der Mauer und der Zuwanderung von Jüdinnen und Juden aus den Ländern der ehemaligen Sowjetunion, die 1990 durch die erste frei gewählte (und letzte) Volkskammer der DDR, dem Parlament, beschlossen wurden, hatte jüdisches Leben im bald darauf vereinigten Deutschland wieder eine Zukunft.

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Alina Marincean: Alternatives for Jewish Women in Maramures, Romania: Woman of Valor, Yiddishe Mamme or Communist Comrade

Der zweite Weltkrieg schlug ein klaffendes Loch in eine lange jüdische Tradition in Osteuropa. Als die Überlebenden nach Kriegsende das jüdische Leben wieder aufbauen wollten, mussten sie sich entscheiden, welche Werte sie fördern wollten. Das betraf auch die Rolle der Frau. Sollten sie ältere Traditionen erhalten, neu erfinden oder ganz über Bord werfen? Entsprachen ihre Werte der Nachkriegsrealität, dem Kontext ihrer Zeit in Anbetracht der sozialen, wirtschaftlichen und kulturellen Umstände sowie des Drucks einer spezifischen Genderdynamik? Was für Auswirkungen hatte das auf die weibliche jüdische Identität? Was für Perspektiven hatten diese Frauen? Was für Alternativen boten sich ihnen? Diese Fragen sind Gegenstand einer historischen und soziologischen Untersuchung nach Ende des Zweiten Weltkriegs in Rumänien.

Die romantische Literatur stellt die jüdische Frau in unterschiedlicher Form dar, bedient aber hauptsächlich zwei Bilder, die in traditionellen jüdischen Gemeinden vermittelt werden: die ‚mutige Frau’ (Eshet Chajil) und die ‚jiddische Mame‘. Nach dem Krieg erkämpften sich die jüdischen Frauen in Osteuropa ihren Platz zwischen der Erinnerung an diese Vorkriegsbilder und der ‚neuen Frau‘, die mit der grausamen Realität einer neuen Welt, welche auf einer verlorenen aufbaute, konfrontiert war. In Maramures, ebenso wie im Rest Rumäniens und Osteuropas, klammerten sich die KZ-RückkehrerInnen vorerst an die Werte der ‚jiddischen Mame’, die das Zuhause schuf, die ideale Hausfrau, gute Mutter, bekannt für ihre Stärke und Leidenschaft, die für die spirituelle Bindung zuständig war, welche die Familienmitglieder zusammenhielt. Doch das jüdische Leben und die Rollen der Geschlechter änderten sich rasch unter dem neuen kommunistischen Regime. Die Frauen gingen arbeiten, machten Karriere, heirateten oft nicht-jüdische Männer. Die jüdische Tradition wurde verwässert und sogar beinahe vergessen. Auch die jüdische Gemeinde schrumpfte zunehmend, weil die kommunistische rumänische Regierung die Emigration nach Israel gestattete. Heute kann die Tradition der jüdischen Frauen nur mehr in Museen gesehen werden.

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